Die neuen weißen Rajas in Indonesien

Die neuen weißen Rajas in Indonesien

19. April 2009

Im 19. und 20. Jahrhundert beherrschten die sogenannten weißen Rajas der Brooke-Famile den Norden Borneos. James Brooke war im 19. Jahrhundert als Abenteurer nach Sarawak gekommen und half dem Sultan von Brunei bei der Zerschlagung eines Aufstandes. Zur Belohnung ernannte ihn der Sultan zum Raja und übertrug ihm riesige Gebiete im heutigen Sarawak als Lehnsmann. Die Brookes blieben in Sarawak bis 1946 an der Macht und wurden von der britischen Kolonialmacht abgelöst. Nun, heute gibt es in Indonesien zwar keine richtigen Sultane mehr, weiße Möchtegern-Rajas dafür aber – insbesondere im Tauchsektor – in beträchtlicher Anzahl. Einige Standorte habe ich auf der folgenden Karte einmal eingetragen:

Weiße Rajas in Indonesien

Als dienstältesten weißen Raja kann man wohl mit Fug und Recht den Schweizer Lorenz Mäder vom Wakatobi Dive Resort (WDR) im Süden von Sulawesi bezeichnen. Er hat von Anfang an eng mit dem Sultan von Tomia zusammengearbeitet und ist Chef eines der bekanntesten Tauchresorts in Indonesien. Mit eigener Landebahn auf Tomia, komfortablen Unterkünften und erstklassigem Service ist das WDR ein beliebtes Ziel wohlhabender, vorwiegend us-amerikanischer und europäischer Tauchgäste. Man möchte hier eindeutig in der obersten (Preis-)Liga mitmischen.

Um den eigenen Machtbereich gegen die Konkurrenz abuschotten, hat Mäder einige fragwürdige Rechtstitel erworben, die es angeblich nur ihm und seinen Gästen erlauben im Wakatobi-Gebiet zu tauchen. Die auf den Inseln stationierte Polizei hat schon mehrfach Tauchschiffe mit Waffengewalt gezwungen, das Gebiet zu verlassen. Mäder hat hier offensichtlich seine Finger im Spiel und die Polizei auf den verschiedenen Nachbarinseln tanzt nach seiner Pfeife. In Jakarta ist man zwar der Auffassung, dass diese Rechtstitel nichts Wert sind, aber Jakarta ist weit und vor Ort kann Mäder im Verbund mit den lokalen Machthabern seine Spielchen treiben, ohne dass man ihm auf die Finger haut.

Weiter nördlich, im Golf von Tomini liegt das Reich des nächsten weißen Rajas, das Walea Dive Resort. Luca Candia oder Mr. Luca, wie er von den Einheimischen genannt wird, ist Italiener und managt das Resort, das sich ganz auf den italienischen Markt konzentriert. Es hält sich seit Jahren das hartnäckige Gerücht, dass das Resort nichts anderes als eine Geldwaschanlage der Mafia sei.

Schon die Einstiegsseite der Website des Resorts gibt sich martialisch: Auf einem Speedboot sieht man ein attraktives Model zusammen mit Angestellten des Resorts, die mit Maschinenpistolen bewaffnet sind. Auf wen sie Jagd machen ist nicht ganz klar. In der Vergangenheit waren es aber immer wieder fremde Tauchschiffe, die den Fehler gemacht hatten, sich im sogenannten ‚Walea Protected Area‘ aufzuhalten. Mit solchen Eindringlingen macht man in Walea kurzen Prozess und zwingt Tauchschiffe mit vorgehaltener Waffe das selbst definierte Schutzgebiet zu verlassen.

Obwohl das Resort eigentlich im Gebiet der Regionalregierung von Luwuk liegt, beruft sich das Resort auf eine Vereinbarung mit der Regierung von Zentralsulawesi – ein Rechtstitel, der ähnlich wie der von Mäder für die Wakatobi-Region eigentlich ohne Bedeutung ist. Wegen der allgegenwärtigen Korruption und der Ferne zu Jakarta kann aber auch dieser weiße Raja seine vorgeblichen Rechtsansprüche sehr real und sogar mit Waffengewalt durchsetzen. In Walea braucht man dazu noch nicht einmal die örtlichen Polizeikräfte wie in Wakatobi, sondern setzt das eigene, bewaffnete Personal für ‚Polizeiaufgaben‘ ein.

Ein ungleich anderes Raja-Kaliber als die beiden erstgenannten Rajas stellt Max Ammer vom Papua Dive Resort (PDR) im Raja Ampat Gebiet vor der Westküste von Neuguinea dar. Er hat zusammen mit Rob Sinke von der Divers Lodge Lembeh die Tauchgebiete um Mansuar und Waigeo für die Tauchwelt erschlossen und auf der Mansuar vorgelagerten Insel Kri zwei Tauchresorts eröffnet.

Im Gegensatz zu den Rajas von Wakatobi und Walea behindert Max Ammer vorbeifahrende Tauchschiffe nicht. Seine Top-Tauchplätze Cape Kri, Sardines und Chicken Reef in unmittelbare Nähe des Resorts können frei betaucht werden und Gäste der Tauchschiffe werden auf der Basis freundlich begrüßt und herumgeführt. Max ist im Gegensatz zu den anderen beiden Rajas intelligent genug, um in den Gästen der Tauchschiffe auch zukünftige Gäste seiner eigenen Resorts zu erkennen.

Rajamäßig ist allerdings eine andere Seite von Ammer. Er ist fanatischer Sieben-Tage-Adventist und sorgt dafür, dass nur Anhänger dieser Sekte bei ihm arbeiten dürfen. Dörfer in der Gegend, die sich der Sekte anschließen, erhalten von Ammer Unterstützung. In der Vergangenheit wurde er von einigen Dörfern wie ein Gott verehrt – allerdings gegen seinen Willen, wie er mir versichert hat.
Darüber hinaus gibt es Vorwürfe, dass er über die Famile seiner Frau eng mit der Sorong-Mafia verbandelt sein soll. Zumindest legt das ein Schreiben von Jürgen Sofa, einem ehemaligen Geschäftspartner von Max Ammer, nahe.

Fassen wir zusammen: Indonesien ist bekanntermaßen für europäische Tauchbasenbetreiber ein schwieriges Terrain. Rechtstitel lassen sich für Ausländer schwer erwerben und noch schwerer Umsetzen, und ohne Zugeständnisse an die allgegenwärtige Korruption läuft eigentlich nichts. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die weißen Rajas zwar auf ihren Tauchbasen machen könen, was sie wollen. Das Meer und die Tauchgründe in der Nähe der Resorts gehören ihnen aber nicht und sie haben nicht das Recht, andere Taucher von diesen Tauchplätzen fernzuhalten.


6 comments

  1. Bruno
    21. April 2009 at 4:51

    Wow… Respekt!!!
    Danke Michael, endlich nimmt mal jemand kein Blatt vor den Mund. Die Liste ist aber nicht komplett, wie Du weist 😉
    Ich finde Waffengewalt abscheulich, obwohl ich in der Schweizer Armee gedient habe. Denn in manchen Fällen werde die Waffen missbraucht, für eigene Interessen finanziellen Ursprungs.

    Hinzufügen möchte ich allerdings, dass Waffengewalt gegen das Dynamitfischen schon einen Sinn macht, sofern man dies der Polizei und Navy überlässt, denn die lokale Bevölkerung fischt in manchen Dörfern mit Explosivstoffen, verschiedener Herkunft. Ich habe diesbezüglich viel erlebt und sehe auch, dass an den Orten an denen aktiv Riffe geschützt werden, über längere Dauer keine Bomben mehr zu hören sind.

    Dies berechtigt aber NICHT, die konkurrenz nicht an den (eigenen) Riffen tauchen zu lassen!

    Lg

    Bruno

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  2. 21. April 2009 at 17:20

    Ja Bruno, komplett ist die Liste noch nicht. Ich bin noch dabei weiteres Material zu sammeln. Ich muss mir ja auch noch etwas Stoff für zukünftige Beiträge zurückhalten 😉

    Mit dem Dynamitfischen hast du aber zweifellos recht. Der Kampf gegen die Dynamitfischerei darf aber nicht als Vorwand herhalten, seinen Claim gegen die Konkurrenz abzuschotten.

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